Harmlose Nackenverspannung oder Bandscheibenvorfall?

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Wenn jede Kopfbewegung zur schmerzhaften Qual wird, denken die meisten an leichte Nackenverspannungen. Ein langer Arbeitstag im Büro, eine falsche, ruckartige Bewegung oder eine ungünstige Schlafposition und schon ist es geschehen.

Laut einer Umfrage des RKI leidet fast jeder Zweite mindestens einmal im Jahr unter verspannungsbedingten Nackenschmerzen. Die meisten versuchen, die Nackenschmerzen selbständig zu lindern. Massagen und Schmerzmittel sind die Mittel der Wahl.

„Nackenverspannungen lassen sich mit Hausmitteln und Eigentherapie gut behandeln, doch wenn die Beschwerden länger als 2 Wochen ohne Linderung andauern, ist ein Arztbesuch unumgänglich. Was die meisten Patienten und Patientinnen nicht wissen, ist, dass Schmerzen im Nackenbereich auf einen Bandscheibenvorfall im Bereich der Halswirbelsäule hinweisen können. Dieser braucht einen anderen Behandlungsansatz als bloße Schmerzlinderung“, sagt Dr. Munther Sabarini, Neurochirurg und Gründer der Avicenna Klinik in Berlin.

Schnelle Hilfe bei Nackenverspannungen

Wer schon einmal unter schmerzhaften Verspannungen litt, weiß: Nun ist Ruhe erforderlich. Die Nackenmuskulatur entspannt sich bei Wärme. Ein warmes Vollbad, eine Wärmflasche oder Kirschkernkissen bringen meistens schon nach wenigen Augenblicken die erhoffte Linderung. Vermeiden Sie außerdem Zugluft und schützen Sie Ihren Nacken mit einem Schal oder Rollkragenpullover vor Kälte.

Bei immer wieder auftretenden Verspannungen können Akupunktur, Physiotherapie und gezielte Übungen zur Stärkung der Nackenmuskulatur erneuten Schmerzen vorbeugen.

Wenn Sie berufsbedingt viel sitzen, können kurze 2-3-minütige Bewegungspausen für Dehnübungen genutzt werden: den Kopf nach rechts und links neigen, die Schultern kreisen lassen, zu den Ohren hochziehen und wieder lockerlassen oder sich mit beiden Händen an den Hinterkopf greifen und das Kinn zur Brust ziehen.

Achten Sie zudem darauf, Ihren Arbeitsplatz ökonomisch einzustellen: Beim Blick auf den PC sollte sich Ihr Kopf in einer neutralen Position befinden. Halten Sie Ihr Smartphone auf Augenhöhe, um die ständige “Schildkrötenhaltung” zu vermeiden, bei der der Nacken hohen Belastungen ausgesetzt ist.

„Auf den Nacken wirkt das Gewicht eines vollen Wasserkastens, wenn Sie im 45-Grad-Winkel auf Ihr Tablet oder Smartphone blicken. Das überbeansprucht nicht nur die Muskulatur, sondern auch die Wirbel und Bandscheiben“, warnt Dr. Sabarini.

3 Anzeichen, dass mehr hinter den Nackenverspannungen steckt

Wer unter langanhaltenden Nackenschmerzen leidet, sollte sich zeitnah ärztlichen Rat holen und die Thematik nicht auf die leichte Schulter nehmen. Generell gilt: Halten die Schmerzen und Verspannungen über 2 Wochen an, sollte ein Arzt oder eine Ärztin diese Symptome abklären.

Sofortiger Handlungsbedarf besteht, wenn nicht nur der Nacken schmerzt, sondern sich der Schmerz bis in andere Bereiche des Rückens, Arme oder Hände ausbreitet. Kribbeln die Hände oder werden sie taub, kann das auf einen ernstzunehmenden Bandscheibenvorfall in der Halswirbelsäule hinweisen.

Anders als der Name vermuten lässt, fällt die Bandscheibe nicht vor. Die Bandscheibe hat in ihrem Inneren einen gallertartigen Kern. Dieser schiebt sich beim Bandscheibenvorfall auf die Nerven im Rückenmark – das verursacht Schmerzen. Je nach Ausprägung kommen im Laufe der Zeit weitere Beschwerden wie Kribbeln und Taubheitsgefühl hinzu.

Nur 8 % der Bandscheibenvorfälle betreffen die Halswirbelsäule

Bandscheibenvorfälle an der Halswirbelsäule treten gegenüber Bandscheibenvorfällen im unteren Rücken vergleichsweise selten auf. Das liegt daran, dass der untere Rücken im Alltag wesentlich stärker belastet wird. Durch unseren modernen Lebensstil leidet jedoch zunehmend unser Nacken.

Bandscheibenvorfall behandeln – so früh wie möglich

Die gute Nachricht zuerst: Bandscheibenvorfälle in der Halswirbelsäule können gut behandelt werden. Wer früh einen Arzt oder eine Ärztin aufsucht, kommt oft um eine Operation herum. Physiotherapie, manuelle Therapie und ausreichend Bewegung können die Bandscheibe und den Gallertkern stabilisieren und damit die Schmerzen verringern. Halten die Beschwerden an, gibt es minimalinvasive Operationen, die den Druck von den Nervenzellen im Rückenmark nehmen und alle auftretenden Beschwerden lindern können.

„Liegen nur kleine bis mittelschwere Bandscheibenvorfälle in der Halswirbelsäule vor, arbeite ich in meiner Klinik mit der perkutanen Laser Diskus-Dekompression. Mittels Lasereinsatz behandele ich exakt die Stelle der Veränderung und schrumpfe die störenden Gewebeanteile. Es erfolgt eine unmittelbare Entlastung der umliegenden Bereiche, was sich bei den Patienten und Patientinnen direkt nach dem Eingriff bemerkbar macht“, erklärt Sabarini. Ein solcher Eingriff dauert durchschnittlich nur 30-40 Minuten und am nächsten Tag sind die Patienten und Patientinnen schon wieder auf den Beinen.

Nur in seltenen, schweren Fällen ist ein Bandscheibenersatz oder eine Versteifung notwendig.

Tobias Friedrich
Tobias Friedrichhttps://www.wochenkurier.de
Tobias Friedrich, Jahrgang 1971, lebt mit seiner Familie in Berlin. Als freier Journalist schrieb er bereits für die Frankfurter Allgemeine Zeitung, Berliner Zeitung, Spiegel Online und die Süddeutsche Zeitung. Der studierte Wirtschaftsjurist liebt ortsunabhängiges Arbeiten. Mit seinem Laptop und seinem Zwergpinscher Jerry ist er die Hälfte des Jahres auf Reisen.

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